20 Jahre
stummer schrei

Das Kulturfestival im Zillertal

Ein Dach, unter dem Visionen und Träume verwirklicht werden

Ein Sommerspielstätte mit Theateraufführungen, Musik, Lesungen, Ausstellungen, Filmvorführungen und vielem mehr wollte Schauspieler Roland Silbernagl in Stumm etablieren. Ein Festival für die Region und über deren Grenzen hinaus. Ein kultureller Aufschrei. Ein Gegenpol zur traditionellen Kultur, jedoch keineswegs, um diese infrage zu stellen, sondern um das Kulturspektrum zu erweitern und „etwas abseits vom Mainstream" zu unterhalten. Platz sollte sein für Traditionelles & Altbewährtes, Neues & Experimentelles sowie für Stoffe, die für die Region bearbeitet oder mit Geschehnissen aus der Region aufgearbeitet werden.
Silbernagl fand Gleichgesinnte und gründete 2003 den Kulturverein „stummer schrei" mit ihm als künstlerischen Leiter und Regisseur, Martin Flörl als musikalischen Leiter, Ekhart Nocker als Obmann, Mike Kröll als Schriftführer, Stefan Angerer als Kassier und Helmut (Pepi) Schellhorn als dessen Stellvertreter. 
„Immer wenn Menschen sich treffen und einem kulturellen Ereignis beiwohnen, entstehen Freiräume für Körper, Geist und Seele. Eine Vision schwebt uns vor, ein kulturelles Festival auf die Beine zu stellen, um die Menschen zu verzaubern, anzuregen und vielleicht sogar aufzuregen. Diese Vision können wir leben und erschaffen, wenn wir die Kräfte, die in unserer kleinen Gemeinde Stumm vorhanden sind, nützen – Kräfte, die wir bündeln können, um uns der Kunst zu nähern, um uns frei zu machen von Zwängen, um zuzuhören und zuzuschauen, um unsere Augen nicht mehr vor unangenehmen Dingen zu verschließen. Wenn Menschen aus einem Konzert, einem Schauspiel oder einer Bilderausstellung etwas weniger blind, etwas weniger taub herauskommen, haben wir mehr erreicht, als wir je zu träumen gewagt haben", lautete das Motto.

Buntes Programm

Unter dem Konzept, Theater mit Laiendarstellern unter professioneller Führung zu machen, waren jeweils ein Freilichtstück sowie ein vielfältiges Rahmenprogramm mit Schwerpunkten für Groß & Klein im Zwei-Jahres-Takt angedacht. 2004 schließlich zauberte das Kulturfestival „Commedia dell'arte" ins Zillertal und eroberte mit Carlo Goldonis „Der Diener zweier Herren" als Hauptpart das erste Mal die Bühne. 
William Shakespeares Komödie „Ein Sommernachtstraum" folgte 2006. Als zweite Eigenproduktion kam „Mit kalter Hand" zur Uraufführung. Dem Stück liegt ein Raubmord, der 1889 in Stumm geschehen war, zugrunde. Autorin Christina Kühnreich hatte 32 Jahre nach diesem Geschehnis angesetzt und die einzige Überlebende dieser Tragödie, nun erwachsen, ihr schreckliches Erlebnis mithilfe eines Psychoanalytikers aufarbeiten lassen. Das wahre Geschehnis selbst war filmisch nachgestellt und als Bild- und Filmsequenz eingeblendet worden. 
2008 eroberte Miguel de Cervantes' „Don Quixote“ die Freilichtbühne, nach der Romanvorlage eigens für den „stummer schrei" verfasst von Christina Kühnreich. „Für immer Stumm" hieß es 2010, eine Posse aus der Feder von Uli Brée und Gabriel Castañeda Senn, die zum Sommerhit avancierte. Das Thema „Heimat" kam ebenfalls im Kühnreichs Zweitstück „Heimat 20.10", unter der Regie von Miriam Michel, facettenreich zum Ausdruck. 
Im Mittelpunkt des Kulturfestivals 2012 stand die Internationalität, wurde doch die Region Schauplatz für eine der größten österreichischen Jugendbewegungen, bei der 50 Jung-Theaterleute aus sieben Ländern in Stumm zusammentrafen, um Theater zu „leben". Als Theaterhighlight war Edmond Rostands romantische Komödie „Cyrano" (Übersetzung von Ludwig Fulda) auf dem Programm, in „stummer schrei"-Neufassung von Roland Silbernagl und Didi Weyrowitz.

Eine neue Ära

Dann, nach dem Rücktritt von Roland Silbernagl noch im selben Jahr, formierte sich 2013 ein neuer Vorstand für den „stummer schrei". Der neue Obmann Ludwig Glaser und künstlerische Leiter Thomas Gassner führten mit ihrem Team Silbernagls Lebenswerk ehrenvoll fort. Ulrich Bechers und Peter Preses' tragische Posse „Der Bockerer", inszeniert von Thomas Gassner, bildete 2014 das Herzstück des Festivals. Erstmals nicht mehr als Freilichtaufführung, sondern im Festival-Stadl „Dorfbäck".
Für frischen Wind sorgte 2016 eine Änderung bezüglich der Leitung des „stummer schrei". Christoph Crepaz wurde als Festivalleiter bestellt, die künstlerische Leitung aufgeteilt: Thomas Gassner war weiterhin für Theater zuständig, Klarinettist Helmut Sprenger - bereits einige Male beim Kulturfestival aufgetreten - für den Bereich Musik verantwortlich.
Dramatiker Felix Mitterer verfasste für dieses Jahr das Auftragswerk „Märzengrund" für den „stummer schrei". Mit dem Stück wurde einem ganz besonderen Menschen ein Denkmal gesetzt, dem Zillertaler Bauernsohn „Simal", im Stück Elias genannt, der Traditionen und Gesellschaftszwang hinter sich gelassen hatte, um in der Natur, im besagten Märzengrund, sein eigenes Leben zu führen. Inszeniert wurde das Stück von Konrad Hochgruber und aufgrund des großen Erfolgs im darauffolgenden Jahr nochmals aufgeführt. Das vom ehemaligen ORF-Tirol-Redakteur Martin Sailer ebenfalls als Hörspiel adaptierte Drama wurde als „Ö1-Hörspiel des Jahres 2018" sowie bei den „Zonser Hörspieltagen" 2019 als bestes regionalsprachiges Hörspiel im D-A-CH-raum ausgezeichnet. Die Verfilmung unter der Regie von Adrian Goiginger, der gemeinsam mit Felix Mitterer zudem das Drehbuch verfasst hatte, kam 2022 in die Kinos, produziert von Metafilm GmbH unter Produzent Michael Cencig. Beim Film-Festival Bozen erhielt der Film den „Preis des Landes Südtirol".
Mit den „Tiroler G'schichtln" wurde 2016 weiteren besonderen Personen Wertschätzung gezollt. Drei Frauen – drei Lebensgeschichten – drei Schicksale – drei Zeitzeugnisse der besonderen Art. Drei unterschiedliche Frauen, die das Streben nach einem menschenwürdigen, erfüllten Leben gemeinsam hatten, trotz einer von Wahnsinn geprägten Zeit. In Form von Minidramen holten die Autoren Josef Holzknecht („Die Schneiderin"), Seimon Dreist („HitlerJüdin") und Ekkehard Schönwiese („s' Moidele") Schneiderin Anna Zoch, die jüdische Sängerin und Tänzerin Friedl Weiss sowie Marketenderin Maria Rogl vor den Vorhang. Regisseur Andreas Haun verband die drei Biografien zu einem „Stück im Stück", verflochten mit zeitkritischen Komponenten.

Weiter aufwärts

Die Wiederaufnahme des Erfolgsstücks „Märzengrund" im Jahr 2017 führte zum jährlichen Veranstaltungs-Rhythmus des Kulturfestivals. Christoph Crepaz übernahm zur Festival- noch die kulturelle Leitung, und KR Hannes Kerschdorfer wurde als neuer Obmann ins „stummer schrei"-Boot geholt. Crepaz setzte auf Erweiterung des künstlerischen Angebots, vor allem auf der Musikebene, wo es ihm gelang, Traditionelles mit Extravagantem sowie Zugängliches mit Herausforderungen in Kontrast zu setzen.
2018 wurde einmal mehr ein Werk in Auftrag gegeben, diesmal bei Dramatiker Martin Plattner. „Die Erben", in Szene gesetzt von Festival-Initiator Roland Silbernagl, ließ in menschliche Abgründe, hervorgerufen durch maßlose Geldgier, blicken. Erstmals bot der „stummer schrei" ebenso jungen Nachwuchstalenten aus der Region eine Bühne, und zwar mit der Einführung der „Klassik-Matinée am Sonntag" sowie im Rahmen der „Klassik-Matinée im Stadl" im Folgejahr.
Doppeljubiläum im Jahr 2019: 15 Jahre „stummer schrei" und zehntes Spieljahr. In diesem kontrastierte Thomas Gassner in seiner satirischen Posse „Raffl" die Geschichte des Tiroler Freiheitskämpfers Andreas Hofer mit dem Schicksal dessen Denunzianten und bot damit nicht dem historischen Helden, sondern dem stets Übergangenen eine Bühne. Eine „Liebeserklärung" an seine Heimat Tirol, wie Gassner sein Stück bezeichnete, die Regie lag wieder in den bewährten Händen von Konrad Hochgruber. Als starkes Gastspiel stand Mitterers „Besuchszeit" auf dem Programm, in einer außergewöhnlichen Inszenierung von Anita Köchl und Doris Kirschhofer, in Kooperation mit Regisseur Hanspeter Horner. Bittersüß & satirisch kamen an drei Schauplätzen Situationen menschlicher Abgründe zutage. Zudem begeisterte im Festival-Stadl „Märzengrund" als Live-Hörspiel.
Corona machte 2020 einen Strich durch die kulturelle Rechnung des „stummer schrei". 2021 stand das Festival unter dem Motto „Nähe, Austausch, Begegnung". Die Erfolgsgeschichte des „stummer schrei" sollte mit zwei Stücken des Autors, der das Festival entscheidend geprägt hatte, gefeiert, und „Märzengrund" wie „Besuchszeit" sollten nochmals auf den Spielplan gesetzt werden. 
Für „Verdienste um die Kultur, insbesondere um das Theaterwesen" mit der „Verdienstmedaille des Landes Tirol" ausgezeichnet wurde in diesem Jahr „Märzengrund"-Hauptdarsteller Heinz Tipotsch – u. a. gleichfalls ehemals Gründungsobmann der Zillertaler Volksschauspiele sowie Gründer des noch jungen Vereins „Tiattarei". Auf Initiative von Heinz Tipotsch und Friedl Wildauer hatte Felix Mitterer als Auftragswerk die Geschichte der lutherischen Protestanten im Zillertal, der Inklinanten, im Stück „Verlorene Heimat" verarbeitet, zum Gedenken an die über 400 Auswanderer, die 1837 aufgrund ihrer religiösen Ausrichtung aus ihrer Heimat vertrieben worden waren. Der Verein Zillertaler Volksschauspiele war gegründet worden, um dieses Großprojekt realisieren zu können. Unter der Regie von Ekkehard Schönwiese war das historische Theaterstück schließlich zum „150-Jahr-Gedenken" der Auswanderung 1987 mit über 120 Mitwirkenden einzigartig und erfolgreich am Stummer Dorfplatz uraufgeführt und vom ORF aufgezeichnet worden. Anschließend hatte der VZV für weitere Jahre die Volksbühnen des Bezirks mittels gemeinsamer Projekte begleitet. Dabei profitierten die Laiendarsteller durch die Zusammenarbeit mit professionellen Regisseuren.
Musikalisch standen 2021 kulturelle wie klangliche Mehrsprachigkeit & musikalische Dialoge über Genres hinaus im Vordergrund sowie die Kooperation mit dem Jugendmusikwettbewerb „prima la musica." 
Dem oberösterreichischen Bauern Franz Jägerstätter wurde im Hauptstück 2022 Andenken gezollt. In seinem biografischen Drama erzählte Felix Mitterer anhand 30 Szenen die Geschichte dieses Familienvaters, der aus religiöser Überzeugung den Kriegsdienst verweigert hatte und von den Nazis hingerichtet worden war. Regie führte Konrad Hochgruber. Als Zweitstück wurde im Theatersaal Tipotsch Yasmina Rezas „Kunst“ unter der Regie von Anita Köchl aufgeführt. Ein Highlight war außerdem die Vorpremiere der „Märzengrund“-Verfilmung im Festival-Stadl „Dorfbäck".
Bereits 2012 mit dem Skiareatest-Sommer-Award, dem Innovationspreis special Award „Kunst & Kultur" ausgezeichnet, durfte sich das Kulturfestival „stummer schrei" gleichfalls 2022 über den Skiareatest-Award, diesmal für „Kunst und Musik" GOLD, freuen. Zudem erhielt Konsul Christoph Crepaz den Specialaward „Festivalleitung" überreicht. 2023 legte der langjährige Intendant und maßgebliche Gestalter die Festivalleitung nieder, um sich neuen beruflichen Herausforderungen zu stellen. Als neuer künstlerischer Leiter wurde Schauspieler Edwin Hochmuth bestellt, der sich zudem mit Obmann-Stellvertreterin und  Kassierin Mag. Sigrun Hirschhuber, die sich um Buchhaltung und Finanzen kümmert, die Festivalleitung teilt.